Krankheit als Symbol
In unserer Gesellschaft wird Krankheit als lästiges Übel betrachtet, das es zu bekämpfen gilt. Doch ist Krankheit vielleicht etwas viel Grundsätzlicheres? Hat Krankheit eventuell einen Symbol-Charakter? Interessanterweise definiert die WHO Gesundheit als “einen Zustand frei von körperlichem, seelischem und sozialem Leid.” Ich bin überzeugt davon, dass Heilung mehr als körperliche Symptomfreiheit erfordert. Auch die aktuelle Corona-Krise lässt sich vor diesem Hintergrund verstehen. Gesundheit im weitesten Sinn ist tatsächlich in der heutigen Welt eine Seltenheit. An den Anfang stelle ich eine Behauptung:
Um das vollständige Bild einer Krankheit zu erhalten muss man sie aus einem physischen, energetischen, mentalen und emotionalen Blickwinkel betrachten.
Nur so ist es möglich den optimalen Weg zur Heilung zu finden. Die Realität sieht leider ganz anders aus. Beschwerden werden so schnell wie möglich beseitigt, obwohl man mit ihrer Hilfe herausfinden könnte, was dem Menschen tatsächlich fehlt.
Unser Gesundheitswesen führt einen radikalen Krieg gegen das Symptom.
Die Bezeichnungen bekannter medikamentöser “Waffen” verdeutlichen das: Wir haben Anti–Histaminika gegen allergische Beschwerden, Anti-Konvulsiva gegen Krampfleiden, Anti-Hypertonika gegen Bluthochdruck, Anti-Depressiva gegen Depressionen oder Anti-Koagulantien zur Verhinderung der Bildung von Blutgerinnseln, um nur wenige davon zu nennen. Dazu kommt die Gruppe der Blocker, wie Säure-Blocker, Beta-Blocker, Bronchial-Blocker usw… Man führt auf der körperlichen Ebene eine Schlacht gegen den vermeintlichen Feind. Die moderne Medizin beherrscht damit schnelle Reparaturen ausgesprochen effizient. Sucht man allerdings Heilung in einem weit gefassten Sinn erwartet man von dieser Strategie etwas, was sie unmöglich leisten kann.
Aber auch die Naturheilkunde ist nicht frei von diesem eindimensionalen Denken. Zwar kennen und berücksichtigen Alternativmediziner den sehr bedeutenden Satz von Claude Bernard, der erkannte: “Der Erreger ist nichts – das Millieu ist alles.” Aber wir sehen seine Tragweite nicht, weil wir ihn nicht zu Ende denken! Deshalb neigen auch wir nicht selten dazu, uns in der Therapie der Patienten mit physischen Entsäuerungsmaßnahmen und Millieu-Regulation zufrieden zu geben. Das kann fatal sein. Das sehen wir auch an Menschen, die ihr ganzes Leben strikt darauf ausrichten, möglichst keine Fehler in der Lebensweise zu machen. Sie treiben Sport, essen gesund und sparsam und meiden Noxen, wo es nur geht. Paradoxerweise kommen sie dennoch oft mit Dauerbeschwerden in meine Praxis, in der Hoffnung weitere Optimierungsmöglichkeiten für ihren Lebensstil zu finden. In der Regel sind in diesen Fällen nicht die “schlechten Gene” für die Beschwerden verantwortlich. Es ist ganz oft ein von Angst getriebenes, exzessives Kontrollbedürfnis, das sie krank werden lässt. Übersäuerung entsteht nicht nur durch ungesunde Ernährung, sondern auch durch Dauerstress, ungelöste Konflikte, unterdrückte Gefühle und oft nicht einmal bewusst wahrgenommene destruktive Gedankenmuster!
Ganzheitlich betrachtet ist körperliches Geschehen Ausdruck eines zugrunde liegenden nicht erkannten und damit ungeklärten Konflikts.
Kümmern wir uns nur um das körperliche Symptom wird sich die darunter liegende Problematik eine neue Ausdrucksmöglichkeit suchen (müssen). Interessanterweise würden wir im technischen Bereich solch eine reine Symptombekämpfung niemals in Betracht ziehen. Wenn an einer Maschine die rote Alarmleuchte blinkt kommt sicher kein Mensch auf die Idee, zur Lösung des Problems die Glühbirne herauszuschrauben! Genau das geschieht aber bei vielen körperlichen Beschwerden tagtäglich. Die Äusserung der Krankheit wird einfach abgestellt. Dadurch entsteht ganz oft eine Symptomverschiebung. In der Hoffnung irgendwann gesund zu werden läuft der Betroffene dann von Facharzt zu Facharzt.
Es stellt sich also die Frage, ob Krankheit tatsächlich eine rein physische Ursache hat. Auf den ersten Blick mag das sicherlich so sein. Schauen wir aber mal genauer hin: Würde das nicht der Behauptung gleichen, dass ein Lied, das man gerade hört, aus dem Radio kommt? In diesem Fall wissen wir, dass die Töne in Wahrheit an ganz anderer Stelle ihren Ursprung haben. Wir tun uns aber sehr schwer damit, zu erkennen, welche Macht Gedanken und Gefühle über unseren Körper haben. Das liegt daran, dass wir so etwas nicht messen können. Es ist für uns nicht greifbar!
Machen Sie bitte einmal einen Selbstversuch: Schliessen Sie die Augen und stellen Sie sich vor, wie Sie in eine Zitrone beissen. Fühlen Sie sich komplett in die Situation hinein. Sie werden den Reflex, den das auslöst – eine Reaktion in der Kieferwinkelregion – spüren, obwohl es in Ihrer Nähe weit und breit keine Zitrone gibt. Warum funktioniert das?
Unser Gehirn kann den Unterschied zwischen etwas, was wir uns lebhaft vorstellen und etwas, was tatsächlich passiert nicht erkennen!
Das sollte jedem von uns bewusst sein. Alles, was unser Gehirn empfindet, ist für unseren Körper real. Unser Organismus reflektiert, was in unseren Gedanken und Gefühlen passiert. Wir sind uns der Reaktionen darauf leider nicht bewusst: Wenn wir uns zum Beispiel massiv unter Druck gesetzt fühlen, bemerken wir nicht, dass sich unser Magen zusammenzieht, unser System mit Adrenalin überflutet wird, sich der Herzschlag erhöht und die Leber vermehrt Glykogen freisetzt. Unser Fokus ist ausschließlich auf das gerichtet, was uns gerade in Stress versetzt und negative Gefühle verursacht. Und wenn dann irgendwann eine Herzerkrankung diagnostiziert wird, scheint sie völlig überraschend und “aus heiterem Himmel” zu kommen, weil wir die Ursache der Wirkung überhaupt nicht wahrgenommen haben.
Wenn sich ein Mensch über lange Zeit – bewusst oder unbewusst – weigert bestimmte Lebensthemen, Konflikte oder seelische Nöte anzuschauen und zu verarbeiten, dann kommt es zur Verlagerung der Problematik auf die körperliche Ebene in Form von “Durchbruchsymptomen”.
Wird diese “Verkörperlichung” weiter auf die übliche Art chemisch unterdrückt, dann ist unser Organismus dazu gezwungen, sich neue Ausdrucksmöglichkeiten zu suchen. Er ist nicht unser Feind, sondern strebt in dem Versuch, sich Gehör zu verschaffen, nach Heilung!
Viele Menschen klagen darüber, dass sie einfach nicht zur Ruhe kommen und eine Beschwerde von der nächsten abgelöst wird. Spätestens wenn das der Fall ist, sollte man hellhörig werden. Denn dann ist es allerhöchste Zeit sich Inhalt und Bedeutung der körperlichen Symptomatik genau anzusehen. Wird das weiterhin nicht getan, zwingt man den Organismus zur Entwicklung schwerer Pathologien.
Betrachten wir einmal die Krebserkrankung: Das Wort “Krebsvorsorge” führt uns komplett hinters Licht. Eine solche Untersuchung beinhaltet lediglich Maßnahmen zur Früherkennung. Prophylaxe müsste ganz anders aussehen: In erster Linie gilt es zu lernen, mit Gefühlen, Wünschen und Bedürfnissen sinnvoll und konstruktiv umzugehen. Das würde uns in die Lage versetzen, auch seelische Konflikte ernst zu nehmen, sie nicht zu verdrängen, sondern wirklich aufzuarbeiten. Die Ursachen schwerer Pathologien liegen sehr oft in nicht verarbeiteten traumatischen Lebenserfahrungen. Im Fall von Krebsleiden gibt es in der Regel ein tiefliegendes unbewältigtes Trauer-Thema. Wenn ein Mensch einen guten Kontakt zu sich selbst, seinen Gefühlen, Bedürfnissen und Wünschen hat, dann spiegelt sich das in seiner Lebensweise wider. Jede Form von Suchtverhalten – und ich meine Sucht im weitesten Sinne – resultiert aus einem unbewussten Gefühl von Wertlosigkeit, Einsamkeit und Isolation.
Ein paar wenige Experten haben ihre Arbeit ganz darauf ausgerichtet, mentale und emotionale Ursachen von Krankheiten zu studieren und zu entschlüsseln. Tendenzen, die sie alle beobachten und bestätigen, sind zum Beispiel, dass Menschen mit chronischen Hautleiden überdurchschnittlich oft Schwierigkeiten mit ihrer persönlichen Grenzsetzung haben oder dass es bei Patienten mit Autoimmunerkrankungen eine Schuldproblematik gibt, aus der eine gewisse Selbstablehnung resultiert. Bei mehreren Patientinnen, die wegen Kinderlosigkeit und entsprechend diagnostizierter Unfruchtbarkeit in meine Praxis kamen, gab es aufgrund eines Kindheitstraumas einen unbewussten Aspekt, der sich gegen eine Schwangerschaft zu Wehr setzte. Erst nachdem er gefunden, betrachtet und integriert wurde, konnten diese Frauen auf natürlichem Weg schwanger werden.
Wenn wir Krankheit als Symbol begreifen – was sagt uns die Corona-Krise?
Die Lunge ist verantwortlich für unseren Gasaustausch. Sie dient der Modulation des Atemstroms, von der unsere Sprache abhängig ist. Das Organ selbst versinnbildlicht die Themen Kontakt und Kommunikation. Akute Entzündungsprozesse durch virale Infekte gleichen inneren Kriegszuständen. Es wird wie im realen Krieg angegriffen, belagert, getötet und vernichtet. Chronische Entzündungen entstehen oft auf dem Boden von unterdrückter, nicht gefühlter Wut. Entzündungen im Allgemeinen stehen für die Themen Konflikt und Aggression.
Leitsymptome der Corona-Infektion sind die Pneumonie und entzündliche Gefässveränderungen. Bei Entzündungen der Lunge findet man häufig Konflikte im Bereich der Kommunikation. Entzündungen stehen für unterdrückte Aggression.
Was fangen wir nun damit an? Was will uns die Corona-Krise lehren? Die meisten Menschen, die sich mit dem Corona-Virus infizieren, haben keine oder nur milde Symptome. Daran erkennen wir:
Das Virus selbst ist nicht Ursache sondern Auslöser: Schwere Folgen hat der Kontakt mit dem Virus nur dann, wenn das physische, mentale und/oder emotionale Millieu eines Menschen es zulässt.
So beobachtet man, dass insbesondere Menschen mit Vorerkrankungen schwere Verläufe erleiden. Es trifft also überdurchschnittlich oft jene Menschen, die über lange Zeit sinnbildlich die “roten Warnleuchten einfach ausgeschraubt” haben, ohne nach den Ursachen ihrer Symptome zu suchen. Man stellt auch fest, dass die Infektion mit dem Virus für mehr Männer als Frauen tödlich endet. Ein Fachmann äusserte sich dazu so: “Wir Männer sind nun mal das schwächere Geschlecht”. Aus meiner Sicht gibt es andere Gründe dafür. Männer werden in der Kindheit ganz besonders darauf getrimmt, unverletzlich und stark zu sein und keine “Gefühle der Schwäche” zu zeigen. Vielleicht ist das einer der Gründe, warum sie “Warnlampen” viel öfter ignorieren als das Frauen tun. Sie glauben, jederzeit funktionieren zu müssen. Daraus resultieren nicht nur Schwachstellen im körperlichen Bereich. Denn auf der emotionalen Ebene verbaut ihnen der Glaubenssatz “Gefühle zeigen bedeutet Schwäche” die Möglichkeit, sich ihrer Umwelt gegenüber authentisch zu zeigen. Im Prinzip wird dadurch eine ehrliche und offene Kommunikation im zwischenmenschlichen Bereich unmöglich. Aber die ist nun mal Voraussetzung für eine gute Beziehung, in der man sich angenommen, verstanden und wirklich verbunden fühlt. Die Qualität unserer Beziehungen verhält sich proportional zu unserer Lebensqualität. Ein Gefühl von echter Bindung zu anderen ist das menschliche Grundbedürfnis Nummer eins! Schlussfolgernd stelle ich eine für manche vielleicht etwas provokant erscheinende Behauptung auf:
Emotionale Defizite resultieren aus einem ungünstigen Sozialisierungprozess. Sie haben ihren Ursprung in der individuellen Prägung des Kindes durch seine Bezugspersonen.
Stellen Sie sich bitte gerade jetzt viele Fragen und finden Sie brutal ehrliche Antworten darauf. Fragen Sie sich:
- Wie gehe ich mit körperlichen Beschwerden um?
- Bin ich offen und ehrlich in der Kommunikation mit meinen Mitmenschen?
- Wo gibt es bei mir Defizite? Warum?
- Was verdränge ich vielleicht, um Schmerz zu vermeiden?
Es geht darum sich in Selbstreflexion zu üben. Nur so finden wir echte, langfristig wirksame Lösungen.
Um die Brücke zu Claude Bernard’s Satz “Der Erreger ist nichts – das Milieu ist alles.” zu schlagen: Säuren sind Virenfutter! Es ist also eigentlich ganz einfach: Wir brauchen kein neues Medikament, um uns zu schützen. Wir müssen den Boden für Erreger wie diesen unwirtlich machen. Wie das geht, habe ich versucht zu verdeutlichen. Ganzheitliches Denken ist gefragt!
Das Thema ist nicht nur ein individuelles. Es ist gleichzeitig ein gesellschaftliches, ein alle Nationen übergreifendes: Kommunikationskonflikte nehmen in unserer modernen Welt überhand. Viele Menschen fühlen sich “unverbunden” und einsam. Es erklärt die Wucht und das Ausmaß dessen, was wir gerade beobachten. Krisen entstehen immer dann, wenn lange Zeit gravierende Probleme und Fehlentwicklungen ignoriert wurden. Sie entstehen durch die sture Weigerung, aufgebaute Komfortzonen zu verlassen. Krisen sind Zeiten, in denen Veränderung einfach unausweichlich wird. Widerstand lohnt sich dann nicht mehr! Er würde das Leid nur potenzieren und es unnötig die Länge ziehen.
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