Narzisstischer Missbrauch
Der Begriff narzisstischer Missbrauch wurde von Prof. Sam Vaknin in den 90er Jahren geprägt.
Denn im Gegensatz zu anderen Formen des Missbrauchs umfasst er alle Bereiche einer zwischenmenschlichen Beziehung. Narzisstischer Missbrauch beschreibt eine Vielzahl von Verhaltensmustern und zwanghaften bzw. manipulativen zwischenmenschlichen Umgangsformen.
Er unterminiert und negiert schleichend die Autonomie, die Selbsteffizienz, den Selbstwert und das Wohlbefinden des Empfängers.
Inhaltsübersicht
Narzisstischer Missbrauch / Hintergründe
Missbrauch und Vernachlässigung haben bei manchen Menschen in den formativen Jahren verhindert, dass sich ein wahres Selbst entwickeln und integrieren konnte.
Diese Menschen haben sich in der Kindheit eine ungewöhnliche Bewältigungsstrategie angeeignet. Sie haben einen allmächtigen, perfekten Freund erfunden. Mit diesem fantastischen Konstrukt haben sie sich im Laufe der Zeit mehr und mehr identifiziert. Dieses falsche Selbst ist zu ihrer alleinigen psychischen Steuerzentrale geworden.
Ursprünglich hat dieser fantastische Freund ihnen Zuflucht vor dem missbräuchlichem Verhalten ihrer traumatisierten Eltern geboten, die sich oft gleichgültig, ausbeuterisch, abwertend, grenzüberschreitend, überbehütend oder manipulativ verhalten haben.
Doch die einst kreative Schutzstrategie des Kindes wird später für den Erwachsenen ein Verhängnis:
Er ist zu einem Leben ohne Wesenskern verdammt. Und für Menschen, die ihm im Laufe des Lebens begegnen und sich auf ihn emotional einlassen, wird dieser Zustand zur unbeschreiblichen Qual.
Narzisstischer Missbrauch / Regulation
“Die Essenz des pathologischen Narzissten ist ein schwarzes Loch. Sie ist ein Ort an den keiner vordringen kann. Zuallerletzt der Narzisst selbst.”
– Prof. Sam Vaknin –
Das Kind, das später pathologisch narzisstische Denk- , Gefühls- und Verhaltensmuster entwickelt, konnte keinen stabilen Wesenskern entwickeln. Dieser Wesenskern gibt Menschen mit einer gesunden Psyche ein gutes Gefühl für die eigenen Grenzen. Er ermöglicht es ihnen Kongruenz, Konsistenz und Kontinuität im Denken, Fühlen und Handeln zu entwickeln.
Unser wahres Ich stellt eine Verbindung zwischen Erinnerungen, Erwartungen, Vorstellungen und Intellekt her. Und es ist für die Definition der Grenzen zwischen uns und einem Gegenüber verantwortlich.
Was passiert, wenn diese Funktionen bei manchen Menschen von einem fantastischen Konstrukt – dem falschen Selbst – übernommen werden?. Da dieses falsche Selbst keinen Realitätsbezug hat entwickelt der Betroffene unrealistische Fantasien und verzerrte Erinnerungen, die er dann mit Hilfe seines Intellekts vor sich selbst rechtfertigen muß.
Alles dreht sich um die Regulation seiner inneren Welt und die Regulation seines fragilen schwankenden Selbstwerts durch Extraktion von narzisstischer Zufuhr aus seinem Umfeld in Form von (positiver oder negativer) Aufmerksamkeit.
Narzisstischer Missbrauch / 2Phasen
Wenn sich ein pathologischer Narzisst der emotionalen Abhängigkeit seiner Partnerin sicher ist, dann versucht er sie in die Mutterrolle zu zwingen: Seine Maske fällt und die infantile Grundhaltung “Ich mache was ICH will.” wird immer augenscheinlicher.
In der Phase, die der Idealisierung des Partners folgt (“Shared Fantasie” nach Prof. Sam Vaknin) regrediert der pathologische Narzisst immer mehr zum störrischen Kind. Er weist jede Verantwortung von sich, ist abweisend und kalt und lässt sich von seinen Affekten leiten.
Ein Mensch mit dieser psychischen Struktur kann mit einer Partnerin an seiner Seite nicht überleben. Augenhöhe gibt es in seiner Welt nicht. Wenn er sich seines Partners sicher ist muss er ihn abwerten, in die Unterordnung zwingen und auf Abstand halten.
Der narzisstische Missbrauch in der Shared Fantasie Phase ist zwanghaft und unterbewusst gesteuert.
Der Narzisst testet mit Hilfe des Missbrauchs die Tauglichkeit seiner Partnerin als Mutter. Gleichzeitig zwingt er sie damit in diese Rolle. Die Konvertierung in eine Mutterfigur lindert seine Verlustangst, denn unterbewusst spürt er schon, dass er eine Partnerin verlieren wird, wenn er sie nur lange genug missbraucht.
Als Mutter dient sie ihm in vielerlei Hinsicht. Man kann eine Mutter um sich herum haben OHNE mental und emotional anwesend sein zu müssen. Und man kann ihre Dienste guten Gewissens zusammen mit bedingungsloser Akzeptanz in Anspruch nehmen.
Eine gute Mutter liebt ihr Kind, ganz egal was es tut oder unterläßt. Unabhängig davon möchte der Narzisst in Ruhe gelassen und nicht belästigt werden. Er möchte tun und lassen können, was er gerade will. Wer schon einmal in einer solchen Beziehung war kennt diesen vom Partner an den Tag gelegten Trotz:
“Du hast mir gar nichts zu sagen!”
Das Bedürfnis absolute Freiheit zu haben kollidiert dabei immer wieder mit seinem Bedürfnis nach Zuwendung, Unterstützung und mütterlicher Liebe.
Der innere Zwang des Narzissten seine Partnerin (seinen Partner) in die Mutter- bzw. Vater-Rolle zu drängen resultiert aus dem unbewussten Versuch, den in der Kindheit missglückten Separations- und Individuationsprozess nachzuholen ( Narzissmus und Shared Fantasie ). Er agiert nach dem Motto:
“Wenn meine Mutter eine sichere Basis ist, dann kann ich mich von ihr entfernen. Sie wird immer da sein und mich nie verlassen, egal was ich tue.”
Wenn man diese Hintergründe kennt wird klarer, warum der pathologische Narzisst verständnislos und verwirrt reagiert, wenn vom Gegenüber Forderungen an ihn herangetragen werden. Sobald das passiert – wenn der Partner beginnt mental aus der “shared fantasie” auszusteigen, wenn er mit ihm verhandeln will und in den Widerstand geht – beginnt die zweite Phase des narzisstischen Missbrauchs, die Bargaining Phase. Äußerlich unterscheidet sie sich nicht. Das Motiv des Narzissten dahinter ist nun aber ein ganz anderes:
Jetzt möchte der Narzisst sein immer lästiger werdendes Gegenüber loswerden. Der Missbrauch entsteht nicht mehr aus inneren Prozessen, sondern ist bewusst gesteuert und Ziel orientiert.
Wenn du Hilfe in der Loslösung aus einer solchen Beziehung brauchst unterstütze ich dich gern dabei. Tiefere Einsichten in die Wirkmechanismen des pathologischen Narzissmus und die Auswirkungen, die das auf Beziehungen hat erlaubt dir mein gerade frisch im Handel erschienenes Buch:
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