Abweisend vermeidend – 9 Schlüssel zur Heilung
Abweisend vermeidend oder verdeckt narzisstisch?
Der abweisend vermeidende Bindungsstil ähnelt in der Symptomatik dem verdecktem Narzissmus , der als nicht therapierbar gilt. Die psychische Landschaft des pathologischen Narzissten unterscheidet sich allerdings von der des abweisend vermeidenden Bindungstyps und nur die Betrachtung des individuellen Falles erlaubt eine Prognose in Bezug auf Heilungsmöglichkeiten.
Dem pathologischen Narzissten fehlt ein stabiler, kongruenter Wesenskern, der die Voraussetzung für Problembewusstsein ist.
Anders herum gilt: Wenn ein Mensch den ehrlichen Wille zur Selbstreflexion hat und wenn er seinem Partner auf Augenhöhe begegnen kann, dann sind die Chancen gut, dass er seine destruktiven Beziehungsmuster abstreifen kann.
Auch Menschen mit abweisend vermeidendem Bindungsstil fällt es jedoch nicht leicht, sich mit ihrer Bindungsproblematik auseinanderzusetzen.
Der Grund: Ihr Leidensdruck ist geringer, als der anderer unsicherer Bindungstypen.
Und die Bereitschaft, sich mit den eigenen Konditionierungen zu beschäftigen bedeutet in ihrem Fall, sich ohne existenzielle Not den bisher vermiedenen massiven Ängsten zu stellen.
Ängstliche Bindungstypen werden sich ihrer Bindungsproblematik in der Regel auch früher bewusst. Sie geraten häufig in Lebenssituationen, in denen ihr Schmerz die Angst vor Veränderung um ein Vielfaches übersteigt. Natürlich gibt es auch bei ihnen Widerstände. Sie zeigen sich nur meist erst später im Verlauf der Therapie.
Abweisend vermeidende Bindungstypen entscheiden sich so oft erst in der zweiten Lebenshälfte zur Aufarbeitung ihrer Traumata. Wenn sie dann die ersten 3Schlüssel im Heilungsprozess gemeistert haben bleiben sie in der Regel konsequent am Ball. Die weitere Transformation wird für sie deutlich leichter.
Abweisend vermeidend – 9 Schlüssel zur Heilung
Die ersten 3Schlüssel bilden die Grundlage ihres Heilungsprozesses und sie bedingen sich gegenseitig.
1) Lerne dich selbst kennen. Das ist ein allererster Schritt, um den Zyklus der Unterdrückung von Gefühlen zu durchbrechen. Es erfordert die Lösung tief verinnerlichter Glaubensmuster, wie „Ich werde akzeptiert und angenommen, wenn ich keine Gefühle zeige.“
Die Unterdrückung von Emotionen war bisher dein Schutz vor Angreifbarkeit. Emotionen fühlen sich überwältigend an, weil du dich dadurch anderen ausgeliefert fühlst. Die Lösung dieser Verknüpfungen ist wichtig, damit du deine Bedürfnisse und Wünsche überhaupt wieder wahrnehmen kannst.
2) Gib deinen Gefühlen Raum. Das ist für dich extrem beängstigend, weil es für dich zur Überlebensstrategie geworden ist, deine Emotionen nicht zu fühlen. Erkenne, dass das für dich als Erwachsener nicht nur ein veraltetes sondern auch sehr destruktives Muster ist.
Viele Menschen mit diesem Bindungsverhalten assoziieren das Zulassen von Gefühlen mit “emotional dumping” – mit heftigen emotionalen Gefühlsausbrüchen, die besonders typisch für ängstliche Vermeider oder Borderliner sind.
Werde dir dessen bewusst, dass wir unsere Gefühle nicht zwangsläufig auf ungesunde Weise an anderen auslassen müssen. Lerne wieder zu fühlen, nach innen zu gehen und Emotionen zu verarbeiten. Erkenne, dass Gefühle eine Art Navigationssystem sind.
Sie erlauben dir herauszufinden, was gerade in dir und unter der Oberfläche passiert und geben dir die Möglichkeit, etwas zu verändern. Oder du erfährst etwas über ein unbefriedigtes Bedürfnis, für das du dann bewusst Sorge tragen kannst. In beiden Fällen lösen sie sich dann auf.
3) Lerne Gefühle zu verarbeiten. Nimm das Gefühl wahr und bleibe bei ihm. Lenke dich nicht ab. Mach dir klar, welche Strategien du bisher benutzt hast, um deinen Gefühlen zu entkommen und entscheide dich bewusst gegen sie.
4) Stoppe die Selbstbeschämung. Im Umgang mit dir selbst spielen Herabsetzung und Beschämung aufgrund des internalisierten Glaubenssatzes: “Ich bin defekt / nicht richtig.” eine grosse Rolle. Deine Sensitivität hinsichtlich Kritik ist ein Spiegel dessen.
Erkenne: Es gibt nichts, was den harschen Umgang mit dir selbst rechtfertigt. Schätze stattdessen dein bisheriges Leben ehrlich ein. Arbeite mit den Schamgefühlen (“Ich bin nicht richtig.”), die Veränderung blockieren und beginne Verantwortung zu übernehmen.
5) Übe es dich verletzlich zu zeigen. Punkte 1 bis 3 sind Voraussetzung für diesen Schritt, denn du hast vorher wahrscheinlich gar keine Ahnung, was du gerade fühlst. Du bist es gewohnt im Kopf zu sein und der Zugang zu deinem Körper fehlt.
Erst wenn du dich selbst wieder besser spürst kannst du Schlüssel5 in Angriff nehmen. Gehe langsam vor ohne dich unter Druck zu setzen. Teile ab und zu eine persönliche Erinnerung oder ein Gefühl mit einem Menschen, dem du vertraust.
Versuche deine Bedürfnisse zu artikulieren. Achte auf das Resultat dessen: Wie fühlt es sich an? Fühlst du dadurch mehr Distanz oder Verbundenheit? Beweise dir immer wieder selbst, dass deine Angst unberechtigt ist.
6) Werde etwas großzügiger. Mit den Punkten 1 bis 5 kümmerst du dich um Aspekte in dir, die bisher immer zu kurz gekommen sind – um Bedürfnisse, die in deiner Kindheit nicht gestillt wurden.
Du sorgt dafür, dass du langsam den Überlebensmodus verlassen kannst, was dir hilft großzügiger mit anderen zu sein. Wenn du dich im Fight-or-Flight-Modus befindest kannst du nur an dich selbst denken. Dieser Zustand war für dich bisher Normalität. Es wurde zu deiner unterbewussten Komfortzone.
Während des Heilungsprozesses lernst du allmählich anderen etwas mehr zu vertrauen, dich auf andere zu verlassen und einzulassen. Übe dich im geben, im dich öffnen, im teilen und mitteilen und nimm wahr, wie sich das anfühlt und auswirkt.
Das Gefühl des Mangels löst sich, wenn du realisierst, dass du dich damit sicher fühlen kannst.
7) Lerne deine Bedürfnisse zu kommunizieren. Du hast bisher aufgrund des stillschweigenden unterbweußten Glaubens nicht genug zu haben, an allem was du bekommen konntest festgehalten.
Dein ängstlicher Partner hat wahrscheinlich sogar übermäßig viel von sich gegeben, aber nicht Dinge, die du eigentlich brauchst. Die fehlende Kommunikation deiner Bedürfnissen hat bisher in deinen Beziehungen zu unschönen Dynamiken beigetragen.
Und weil du selbst nicht so recht wusstest, was du eigentlich brauchst, hast du dich oft nicht gesehen und dein Partner sich ausgenutzt gefühlt.
8) Achte auf dich selbst. Sorge emotional und körperlich gut für dich.
9) Befriedige deine Bedürfnisse auf eine gesunde Weise. Erkenne dass es neben lebensnotwendigen Grundbedürfnissen noch andere Bedürfnisse gibt: Sie erfordern, dass du dich spürst und andere in ihrer Individualität wahrnimmst.
Es sind die Bedürfnisse, die dir Langzeitbefriedigung verschaffen. Ein paar Beispiele:
Wenn du merkst, dass du dich gerade einsam fühlst, dann kompensiere es nicht mehr dadurch, dass du Filme anschaust, in dem Menschen in intimen Situationen dargestellt werden.
Kompensiere die Einsamkeit nicht mit der Pseudo-Teilhabe an der Verbundenheit zweier Schauspieler. Suche stattdessen tiefere Gespräche mit Menschen, die dir wichtig sind.
Wenn du dich gerade etwas unsicher fühlst, lenke dich nicht mit Fernsehen, Spielen oder mit noch mehr Arbeit von dem Gefühl ab. Finde stattdessen heraus, was dich konkret unsicher macht. Entwickle dann eine Strategie, die dir hilft dich in diesem Lebensbereich sicherer zu fühlen.
Abweisend vermeidend – Message an meinen Partner
1) Ich benötige Zeit, um mich in Beziehungen emotional öffnen zu können, denn ich bin es gewohnt, mich ganz und gar auf mich selbst zu verlassen. Deshalb brauche ich genügend Zeit und Raum, um herausfinden, wen ich in meinem Leben lassen möchte.
2) Nach einem anstrengenden Arbeitstag brauche ich Zeit für mich, um den inneren Druck abzubauen. Ich fühle mich sicherer, wenn ich das allein, nur mit mir selbst tun kann. Wenn das von dir respektiert wird, bin ich schneller wieder dazu in der Lage, Kontakt mit dir aufzunehmen.
3) Ich wünsche mir eine klare, sachliche Kommunikation, denn ich habe Schwierigkeiten damit zu erraten, was du brauchst. Und ich mache nicht gern Fehler. Ich kann viel besser damit umgehen, wenn du deine Wünsche präzise formulierst.
4) Ich bin störrisch und stoße Menschen weg, wenn ich mich kritisiert fühle. Und ich glaube ganz oft, deinen Bedürfnissen nicht gerecht werden zu können. Vielleicht können wir Kompromisse finden, wenn du Bedürfnisse hast, die in unserer Beziehung unbefriedigt bleiben.
5) Beziehungen sind schwierig für mich und sie machen mir Angst. Je konstanter, sicherer und ausgeglichener ich dich in unserer Beziehung erlebe, desto besser kann ich mich im Laufe der Zeit öffnen.
6) Es fällt mir schwer, Gefühle auszudrücken oder mich verletzlich zu zeigen. Aber ich bin mit dir zusammen, weil ich das will. Meine Art zu zeigen, dass ich dich mag, liegt in dem, was ich für dich tue.
Mehr Info zu diesem Bindungsmuster: Bindungsstil abweisend vermeidend
Zu jedem dieser Schlüssel bekommst du in meinen 1:1-Sitzungen konkrete Unterstützung. Anschließend erhältst du zusätzliche individuell auf dich zugeschnittene Aufgaben und Anregungen per Mail.
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