Kontrolle durch Unverbindlichkeit

Wenn du dich in einen Menschen verliebt hast, der sich nicht so recht zu dir bekennen will und dich in einem Schwebezustand der Unverbindlichkeit hält, dann verunsichert dich das natürlich. Vielleicht triggert es auch deine eigenen alten Wunden und den Glauben nicht zu genügen. In jedem Fall wird es dich irgendwie beschäftigen, weil du dich mit andauernder Planlosigkeit arrangieren mußt, wenn du eine Trennung nicht in Betracht ziehen willst.

Unverbindlichkeit als Bindungsmuster

Man könnte meinen, dass jeder Mensch Schwebezustände verabscheut, weil sie viel Kraft kosten. Es gibt aber Menschen, die diese Zustände lieben und sogar ganz bewusst herstellen. Sie fühlen sich durch Unverbindlichkeit sicher. Besonders typisch ist das für abweisend vermeidende Bindungstypen , die die Übernahme von Verantwortung mit Freiheitsverlust verknüpfen. Und dann gibt es diejenigen, die Unverbindlichkeit auf passiv aggressive Art und Weise instrumentalisieren, um über ihre Partner Kontrolle auszuüben und sie gefügig und abhängig zu machen. Das wäre ein typisch verdeckt narzisstisches Verhaltensmuster.  Narzissmus Typen

Unverbindlichkeit – Hintergründe

Es gibt mehrere Gründe dafür, warum manche Menschen Vorteile darin sehen, sich selbst in Schwebezuständen zu halten und andere mit in sie hineinzuziehen:

Da sind diejenigen, die Angst vor Kontrollverlust oder dem Verlust der Möglichkeit zu wählen haben. Sie lieben die Freiheit, die Unverbindlichkeit mit sich bringt. Entscheidungen implizieren den Ausschluss von Wahlmöglichkeiten. Sie fühlen sich gefangen, wenn sie sich zu etwas zu bekennen müssen. Und sie haben Angst vor Entscheidungen, die sie später bereuen könnten. Auch wenn es die Menschen um sie herum quält – sie selbst fühlen sich nur wenn alles in der Luft hängt sicher. Siehe Angst vor Hingabe

Und dann gibt es Menschen, die glauben in einer Situation zu stecken, in der sie negative Konsequenzen erwarten, egal wie sie sich entscheiden. Sie versuchen durch das Aufrechterhalten eines Schwebezustands diesen Konsequenzen zu entkommen. Vermeidung reduziert ihre Angst. Genau genommen verschieben sie natürlich nur ihren Schmerz und die Konsequenzen. Ihr Versteckspiel vor dem, was passieren könnte, wenn sie handeln und entscheiden würden kann ja nur eine zeitbegrenzte Zuflucht sein.

Den Partner in der Unverbindlichkeit zu halten kann aber auch eine verdeckt passiv aggressive Form der Machtausübung sein. Gezielte Passivität zwingt das Gegenüber in die Abhängigkeit während man selbst die komplette Kontrolle behält. Die Situation wird für den Partner zur Falle, weil er in eine Warteschleife gedrängt wird. Solche Beziehungen können extrem missbräuchliche Züge entwickeln. Dualseelenprozess oder Suchtverhalten

Menschen, die ungern Verantwortung übernehmen, egal aus welchem Grund, erzeugen eine Atmosphäre der Ungewissheit, um sich der Rechenschaftspflicht für ihre Handlungen zu entziehen. In der Tiefe weiß natürlich jeder Mensch, dass Entscheidungen irgendwann FÜR ihn gefällt werden, wenn er es selbst nicht tut. Aber vermeidenden Bindungstypen ist das nicht unrecht. Durch ihre Weigerung Entscheidungen zu treffen und aktiv zu werden erhöht sich im Laufe der Zeit der Druck auf den Partner das zu übernehmen. Wenn er es dann tut übernimmt er damit auch die Verantwortung.

Und wer Intimität, die immer auch Verletzlichkeit mit sich bringt, nicht toleriert kann Unverbindlichkeit auch als Distanzhalter benutzen.  Angst vor Intimität

Unverbindlichkeit – Lösungen

Es ist ein unfaires Spiel andere Menschen in Ungewissheit zu halten und wird irgendwann entsprechende Konsequenzen nach sich ziehen. Letztlich dient dieses Verhalten keinem. Im Gegenteil, es festigt menschliche Charakterschwächen.

Natürlich fordert es einen gewissen Mut diese Strategie aufzugeben, denn die Aufrechterhaltung von Schwebezuständen ist Resultat der fehlenden Bereitschaft bestimmte Dinge im Leben anzusehen, zu fühlen und zu lösen. Wenn es um Angst und Vermeidung geht ist Mut das einzige Gegenmittel.

Mut bedeutet nicht furchtlos zu sein, sondern trotz Angst Entscheidungen zu fällen. Leider fehlt Betroffenen ganz oft die Bereitschaft, sich diese Angst überhaupt einzugestehen. Aber ohne den Mut dazu, die Angst ans Licht kommen zu lassen, über sie zu sprechen, sie zu erforschen und sie anzuschauen ist sie nicht lösbar. Wenn du dich hier wiedererkennst ist es wichtig, der Furcht zuerst einmal ihre Berechtigung einzuräumen, ohne dich damit falsch zu fühlen. Furcht oder Angst entsteht nicht ohne Grund. Sie ist die Antwort auf Gedankenmuster, die etwas mit gesammelten Erfahrungen zu tun haben. Diese Gedanken legen dir gewisse zu erwartende Konsequenzen nahe, die eintreten könnten, wenn du deine Unverbindlichkeit aufgibst.

Kannst du dir eingestehen, dass du die Unsicherheit anderer ausbeutest und damit deine fehlende Bereitschaft dich mit bestimmten Dingen auseinanderzusetzen verbirgst? Schau dir bitte an, wie du dich selbst damit hinters Licht führst. Bringe den Mut auf, anzuerkennen dass du einen persönlichen Gewinn aus Schwebezuständen ziehst. Triff die Entscheidung, nicht mehr vor Problemen zu flüchten.

Viele vermeidende Bindungstypen neigen dazu sich hinter der Aussage zu verstecken, dass sie sich zuerst einmal selbst verstehen und mit ihrer Angst klar kommen müssen, bevor sie irgendeine Entscheidung treffen können. Das ist in der Regel nur eine weitere Strategie, um den vertrauten Zustand, sich selbst und andere in Ungewissheit zu lassen aufrecht zu erhalten.

Wenn du dieses Verhalten von dir selbst kennst mache dir bitte bewusst, dass du mit dieser Strategie langfristig nicht gewinnen kannst. Nimm dir die Zeit und stelle dir vor, was sich in einem Jahr, in fünf Jahren oder in zehn daraus ergeben wird, wenn du weiterhin Entscheidungen verweigerst und nicht nach echten Lösungen suchst. Dann wird dir bewusst werden, dass das Ergebnis ein verheerendes ist. Es wird die Konsequenzen durch evtl. getroffene Fehlentscheidungen jedem Fall in den Schatten stellen.

Deine Neigung zu Unverbindlichkeit resultiert aus verschiedenen Ängsten, wie der Angst vor Hingabe, der Angst davor Fehler zu machen, der Angst vor Verlust deiner Freiheit oder der Angst sich Schuld aufzuladen. Du kannst all das weiter verdrängen und Entscheidungen weiter verweigern, aber das Leben wird für dich dennoch nicht stehen bleiben. Andere werden dir irgendwann das Steuer aus der Hand nehmen. Und damit wirst du zurechtkommen müssen. Und davon ganz abgesehen: Wenn du passiv bleibst kannst du dein Potenzial nicht entfalten, geschweige denn ein erfülltes Leben führen. Denn du begrenzt dich selbst. Mut und Entschlossenheit würden sich definitiv auszahlen.

Das Buch ist auch im tredition SHOP erhältlich (lieferbar)

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