Bindungstrauma und Anziehung

Bindungstrauma – Begriff

Der Begriff Bindungstrauma stiftet oft noch Verwirrung. Umgangssprachlich verbindet man damit die Folgen von emotionalem oder körperlichem Mißbrauch.

Genau betrachtet sind es aber weitaus öfter die verschiedenen Formen von emotionaler Vernachlässigung, die in einem Kind langfristig Traumaspuren hinterlassen und sein Selbstkonzept verändern.

Traumata sind nicht selten die Folge eines familiären Umfelds, das bestimmte emotionale Grundbedürfnisse des Kindes nicht oder ungenügend befriedigen konnte. Mehr dazu: 10 Merkmale narzisstischer Eltern

Durch wiederholte schmerzhafte Erfahrungen („Ich bin nicht okay.“ / „Ich werde nicht gesehen.“) und die fehlende Möglichkeit sie zu verarbeiten kommt es in einem Anpassungsversuch, der der Angstlinderung dient zur Fragmentierung der kindlichen Psyche.

Man könnte sich als Metapher einen Fluß vorstellen, der sich immer mehr verzweigt und zum Delta wird. Die Hauptader verliert zunehmend Wasser und Kraft. Durch den Akt der Fragmentierung (Abspaltung) entstehen Schutz- und Schattenaspekte, die miteinander im Widerstreit stehen oder sich gar nicht kennen.

Die daraus resultierende Selbst-Entfremdung führt zu einem in diffusen Gefühl der Leere und Unsicherheit.

Das Wort Trauma stammt ursprünglich aus dem Griechischen. Es bedeutet soviel wie Wunde. Wenn eine Wunde frisch ist und blutet schmerzt sie bei Berührung.

Im Laufe der Zeit schließt sie sich und heilt ab. Aber bei entsprechender Tiefe bildet sich starres Narbengewebe, was nicht mehr wachsen kann. Die Umgebung bleibt vielleicht sogar taub und gefühllos.

Auf der psychischen Ebene machen uns Traumata starr und unflexibel im Denken, Fühlen und Handeln.

Denn Bindungstraumata verändern unser Selbstgefühl – das was wir Persönlichkeit nennen. Um uns selbst zu schützen unterdrücken, verdrängen oder spalten wir ein Teil unseres Bewußtseins ab. Durch diesen Akt der Fragmentierung entstehen Schutz-Aspekte, mit denen wir uns in der Folge identifizieren. Wir glauben mit der Zeit die Verschmelzung jener Aspekte zu sein, die uns in der Kindheit Sicherheit und Geborgenheit gewährleistet haben.

Bindungstrauma und Persönlichkeit

Was wir Persönlichkeit nennen ist also genauer betrachtet ein Konglomerat derjenigen Anteile unserer Persönlichkeit, die uns einst geholfen haben unsere (Verlust-) Angst zu lindern.

Aspekte die dazu ungeeignet waren bzw. diese Angst verstärkt haben sind zu Schatten-Aspekten geworden. Ihrer Existenz sind wir uns irgendwann nicht einmal mehr bewußt.

Der daraus resultierenden Energieaufwand ist vom Grad der Disharmonie zwischen diesen inneren Aspekten abhängig.

Im Leben eines bindungstraumatisierten Menschen übernehmen also gewisse Schutz-Aspekte die Regie. Weil sein Unterbewußtsein aber nach Ganzheit strebt wird er sich zu Menschen hingezogen fühlen, die das, was ihm im Prozeß der Abspaltung verloren gegangen ist überbetont leben.

Wenn sie ihm jedoch zu nahe kommen werden die alten Schamgefühle („Ich bin nicht okay.“ / „Ich bin nicht liebenswert.“) wieder aktiviert. Wenn zu viel Intimität entsteht sieht er sich gezwungen sie von sich wegzustoßen, wie er es einst in sich selbst getan hat.

Diese Zusammenhänge können dir helfen besser zu verstehen, warum du bei der Partnersuche immer wieder auf ähnliche Typen triffst und warum dein Glück nur von kurzer Dauer ist. Um das greifbarer zu machen beschreibe ich dir jetzt ein besonders häufig zu beobachtendes Phänomen.

Bindungstrauma und Anziehung

Wenn du eine Frau bist, die unverarbeitete Bindungstraumata in sich trägt und in einem Elternhaus mit Machtgefälle groß geworden bist hast du bei der Partnersuche vielleicht den Eindruck, dass es nur 2 Typen von Männern gibt. Du triffst jedenfalls immer nur auf diese beiden Typen:

Typ 1 zieht dich emotional und körperlich magisch an: Er ist charmant und scheint zumindest in der Kennenlernphase durchsetzungsfähig und zielgerichtet zu sein. In jedem Fall ist er männlich genug, um dich zu erobern.

Nach einer euphorischen ersten Phase stellt sich jedoch heraus, dass er dazu gezwungen ist seine verdrängten Ängste durch manipulatives Verhalten und Dominanz dir gegenüber in Schach zu halten.

Aus Bewunderung und aufmerksamer Präsenz werden in relativ kurzer Zeit abrupte Rückzüge und subtile Abwertungen.

Typ2 ist wie ein verläßlicher Freund: liebevoll, aufmerksam, sensibel und konstant.

Er ist super nett, aber so sehr dein Verstand es sich wünscht, der Funken springt bei dir einfach nicht über. Dieser Typ Mann wirkt weniger maskulin und das hat Gründe. Der Kontakt zu seiner Männlichkeit wurde ihm frühzeitig abtrainiert.

Es ist nicht verwunderlich, dass Typ 1 von dir wider jeder Logik den Vorzug bekommt, obwohl er ausgeprägt narzisstische Züge zeigt, denn:

Bindungstrauma und Schatten-Aspekte

Anziehung lebt von Polarität und der Spiegelung unserer Schatten. Was könnten deine Schatten sein?

Versuche sie zu finden, wenn ein emotional reifer Mann mit sicheren Bindungsmustern in deinem Leben (noch) nicht vorkommt.

Männer mit sicheren Bindungsmustern fühlen sich zu Frauen hingezogen, die ihre Weiblichkeit genießen und frei von Angst und Bedürftigkeit in sich selbst ruhen.

Weniger interessant sind für sie Frauen, die aufgrund von verdrängten Ängsten Kontrollzwänge entwickelt haben.  Auch Frauen mit emanzipiert wirkender Pseudo-Stärke, die sich leider oft direkt oder subtil in Verbitterung, Härte, Intoleranz und Arroganz allem Männlichen gegenüber äußert, fallen durch ihr Raster.

Auf den ersten Blick stark wirkende Powerfrauen werden zum Magnet für Männer, die eine tiefe Mutterwunde in sich tragen, die einen Mangel an müttelicher Fürsorge erlebt und sich für die Gefühle ihrer Mutter verantwortlich gefühlt haben.

Das Fatale ist, dass sich der verdrängte verletzliche Aspekt dieser scheinbar so starken Frauen nach einem Mann sehnt, der ihnen den Schutz und die Sicherheit bietet, die sie sich von ihrem Vater so sehnlichst gewünscht, aber nie bekommen haben.

Solange ihnen das nicht bewußt ist laufen diese Frauen Gefahr nach dem ersten Rausch starker Anziehung und Verliebtheit krasse Enttäuschungen zu erleben. Denn ihr ersehnter scheinbarer Retter wird sich als ein Mann entpuppen, der glaubt die Frau gefunden zu haben, die ihm endlich die uneingeschränkte Akzeptanz und Zuwendung entgegen bringt, die ihm seine Mutter, deren Liebe an Bedingungen geknüpft war verweigert hat.

Der Mann mit einer tiefen Mutterwunde verliebt sich in den Schutz-Aspekt dieses Typs Frau und ist nicht dazu bereit ihren unterdrückten verletzlichen Aspekt anzunehmen.

Die Folge: BEIDE fühlen sich vom Gegenüber hinters Licht geführt.

Bindungstrauma – Betrug ohne Vorsatz

Aber was ihnen passiert ist kein vorsätzlicher Betrug:

Die jeweils abgespaltenen Aspekte konnten in der Phase der Verliebtheit für eine Weile das Ruder an sich reißen und wurden dann – zwangsläufig – wieder ins Unterbewußte verdrängt.

Auch der liebe Kumpel-Typ glaubt leider oft lange Zeit, dass es an den Frauen liegt, die seinen Wert nicht sehen und auf „Mistkerle“ stehen. Seine Sicht der Dinge schützt ihn vor dem gewahr werden seiner eigenen Schatten.

Ihm entgeht oft die Lernaufgabe, die in seinen sich wiederholenden Beziehungserfahrungen steckt:

Es ist die Aufforderung sich seine unterdrückten männlichen Attribute, wie Stärke und Zielstrebigkeit zurückzuerobern.

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