Gaslighting

Gaslighting ist emotionaler Missbrauch und vielleicht sogar das gefährlichste Phänomen, das in dysfunktionalen Beziehungen zu beobachten ist.

Gaslighting – Definition

Gaslighting ist die bewusste oder unbewusste Anwendung einer Strategie, die zur Beeinträchtigung der Wahrnehmung der Realität eines Menschen führt.

Im Gegensatz zum Psychopath wird sie vom pathologischen Narzisst unterbewusst angewandt.

Gaslighting ist die anhaltende manipulative Kommunikationsform eines Partners in Beziehungen, in denen ein Machtgefälle besteht. Der sich missbräuchlich verhaltende Partner verzerrt bewusst oder unbewusst Geschehnisse und Informationen. Er nutzt die Verletzlichkeit, Unterlegenheit und Schwäche seines Gegenübers aus.

Gaslighting ist eine zerstörerische psychologische Taktik, die Elemente der Kontrolle, der Manipulation und des Vertrauensmißbrauchs miteinander kombiniert. Das sind sozusagen die Bausteine des Gaslightings. Der Gaslighter verdreht immer wieder Geschehnisse oder getroffene Aussagen und greift wiederholt zur Schuldumkehr. Das führt mit der Zeit dazu, dass das Opfer die eigene Zurechnungsfähigkeit in Frage stellt. Opfer von Gaslighting leiden unter sehr vielfältigen Symptomen, vor allem aber unter ständigen Selbstzweifeln, massiver Selbstentfremdung, Unsicherheit, depressiven Verstimmungen und Angstzuständen.

Gaslighting – Hintergründe

Wenn du über Jahre dem Gaslighting deines Partners ausgesetzt bist, dann verankert sich die Stimme des Gaslighters tief in deiner Psyche. Die Therapie erfordert deshalb Zeit und Geduld.

In der ersten Phase des Gaslightings kommt es zur Zerstörung deiner Selbsteffizienz und deiner Wahrnehmung der Realität: Du entfernst dich immer weiter von dir selbst. Der Gaslighter löscht Erinnerungen aus und stellt so deine Identität immer mehr in Frage. Nun bietet er dir eine Alternative zu deinem eigenen Erleben an. Seine Realität wird für dich zu einer Art alternativlosem Rettungsring, an dem du gezwungen bist dich festzuhalten. Gaslighting erzeugt also nicht nur eine Kluft zwischen dir und der Realität. Es hat auch einen Substitutionseffekt.

Entgegen der weitläufig vertetenen Meinung greift der pathologische Narzisst (im Gegensatz zum Psychopathen) nicht bewußt und Ziel orientiert zum Gaslighting seines Partners. Es ist eher ein Nebenprodukt und die Folge seiner fragilen Psyche. Aus ihr resultieren vielfältige Abwehrmechanismen, wie Splitting und Projektion, die zum Gaslighting führen. Als Partner rutschst du so in mentale Zustände, die sich geradezu widersprechen. Mit der Zeit übernimmst du die Selbstwahrnehmung und Weltsicht des narzisstischen Partners: Wie er erlebst du dein Leben zunehmend losgelöst wie einen Film, den du  mehr oder weniger interessiert verfolgst.

Die extrem widersprüchlichen Zustände entstehen durch „Deja-vu“ und „Jamais-vu“ Erfahrungen: Fremdes kommt dir oft irgendwie bekannt vor und auf der anderen erscheint dir Bekanntes manchmal fremd und beängstigend. Dieses Zusammenwirken verunsichert dich massiv. Deine Verwirrung, die Selbstzweifel und Ängste nehmen weiter zu, zumal die intermittierende Verstärkung das Ganze durch ihr Wirken im Hintergrund zusätzlich befeuert.

Das, was Gaslighting besonders subtil und gefährlich macht ist die Suggestion, dass mit deiner Wahrnehmung der Realität etwas nicht stimmt – nicht mit dir selbst.

Gaslighting und Entrainment

Was beim Gaslighting ebenfalls nicht bewusst angewandt wird, aber in der Natur dessen liegt und so einen weiteren tragenden Effekt hat ist das Entrainment – ein Prozess, der zur Synchronisation von Hirnwellen zweier Individuen führt: Man weiß inzwischen, dass es bei Menschen, die dieselbe Musik spielen oder hören zur Synchronisation relevanter Hirnwellen kommt. Die Fachwelt vermutet, dass verbaler Missbrauch, der eine Art “Refrain”, einen bestimmten Rhythmus und eine gewisse Harmonie hat sich ebenso angleichend auswirkt (Prof. Sam Vaknin). Forschungen belegen auch, dass Worte und Wahrnehmungen, die sich ständig wiederholen für den Menschen zum Hintergrundrauschen werden (semantic satiation).

Gaslighting – Zeichen

Du erkennst Gaslighting an folgenden Dingen:

1) Deine Gefühle werden herabgewürdigt, trivialisiert oder für irrelevant erklärt („Du dramatisierst wieder.“ / „Warum ist dir das denn so verdammt wichtig?“ / „Du bist paranoid.“ / “Du brauchst Hilfe.”), sodass du mehr und mehr beginnst dich selbst und dein Erleben  in Frage zu stellen.

2) Reale Gegebenheiten und Geschehnisse werden negiert: Im Gegensatz zum Psychopathen merkt der Narzisst oft selbst nicht, was er da gerade tut. Es ist ein Reflex, ein vehementer Impuls (Abwehrmechanismus) das idealisierte falsche Selbst vor Schaden zu bewahren. Er muß seine Omnipotenz vor dem Eindringen brutaler Wahrheiten schützen.

Er verändert gerade Gesagtes und projiziert fehlerhafte Eigenschaften oder Verhaltensmuster auf dich und kehrt die Schuld am Geschehen um, um sich vor der Konfrontation mit Realem zu schützen. Thypisch ist der Satz „Du hast mich dazu gebracht, das zu tun.“ Diese Opferhaltung ist ein typischer Aspekt des pathologischen Narzissmus.

3) Der Gaslighter wirkt stark und selbstsicher. Aber er reagiert oft ungehalten, ist reizbar und starr in seinen Denk- und Verhaltensmustern.

4) Du bist in einem Zustand der Auflösung. Du fühlst dich schwach. Deine Grenzen existieren nicht mehr. Also weißt du nicht mehr, was du willst und wer du bist. Nachdem der Gaslighter dich psychisch ins Stadium eines Kleinkindes regrediert hat wurde dir seine Wahrnehmung der Realität implantiert: “Vielleicht bin ich ja verrückt.” / “Vielleicht bin ich paranoid.” / “Vielleicht bin ich zu empfindlich.”

5) Du zweifelst überproportional an dir, was du von früher nicht von dir kanntest. “Vielleicht hab ich tatsächlich überreagiert.” / “Vielleicht hab ich das falsch verstanden.”

Wenn du einen ängstlich über involvierten Bindungsstil hast übernimmst du bereitwillig die Verantwortung für Dinge, die du nicht getan hast. Und da du nun völlig orientierungslos geworden bist wirst du dich unterordnen. In diesem Teufelskreis verlierst du dein ohnehin schwach entwickeltes Bauchgefühl. Der mißbräuchliche Partner kann so die Kontrolle über deine inneren Prozesse übernehmen und deine Psyche besetzen.

Gaslighting – Lösungen

Mach dir deine zunächst Situation bewusst!! Nimm an, dass du Gaslighting ausgesetzt bist. Schreib Erlebnisse auf. Dokumentiere verwirrende Ereignisse und deine damit einher gehenden Gefühle. Identifiziere die Dinge, die falsch laufen. Wenn sich deine Selbstzweifel melden kannst du dich so vergewissern, was wahr ist und was nicht.

Stelle dir diese Fragen: Wie fühlst du dich, wenn du in der Nähe deines Partners bist? Bist du angespannt oder verunsichert? Hast du Angst vor Widerspruch? Fühlst du dich in dir selbst sicherer, wenn du ohne ihn bist? Gibt es in der Beziehung ein klares Machtgefälle?

Wenn du erkennst, dass dich dein Gegenüber gerade gaslighted, stoppe die Konversation. Stehe so gut du kannst und solange du damit einigermaßen sicher bist zu deiner Wahrnehmung der Situation.

1) Sprich die Situation an: “Hey, du sagst mir hier etwas, aber ich habe es anders erlebt. Wie kommt diese Differenz zustande?”

2) Widerspreche: “Nein – du warst es, der mich dumm genannt hat. Dreh es nicht herum und hör auf mich zu gaslighten.” oder setze eine klare Grenze: “Offenbar fällt es dir schwer anzunehmen, was ich sage. Ich weiß, was ich fühle und es ist mir wichtig es auszudrücken. Ich habe den Eindruck daß du meine Perspektive nicht anhören willst. So möchte ich nicht weiter sprechen. Du gaslightest mich.”

3) Fordere gesunde Voraussetzungen für die Wiederaufnahme der Konversation ein: “Wenn du bereit bist zu hören, wie ich mich gefühlt habe bin ich bereit das zu einem späteren Zeitpunkt zu besprechen.”

Suche dir Unterstützung in deinem Umfeld und vertraue dich Freunden an. Teile deine Erfahrungen mit jemandem, damit er dir spiegeln kann, dass deine Wahrnehmung der Situation ihre Berechtigung hat. Je mehr Licht auf den Mißbrauch fallen kann, desto weniger greifen weitere Gaslighting Versuche.

Bitte bedenke: Wenn du über lange Zeit Gaslighting ausgesetzt warst, dann brauchst du wahrscheinlich therapeutische Unterstützung. Es ist schwer die internalisierte Stimme deines Gegenübers im Alleingang loszuwerden. Dein Separations- und Individuationsprozess wurde rückgängig gemacht und muß erneut durchlaufen werden. Erst dann wirst du dich wieder sicher in dir selbst fühlen und dein Vertrauen zurückgewinnen.

Ich begleite dich gern dabei. Wie das aussehen kann findest du unter meinen Angeboten.

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