Männlichkeit leben
Männlichkeit leben / Assoziationen
Fragst du dich, ob es heutzutage überhaupt noch möglich ist, dich zum Mann sein zu bekennen, ohne dafür unter Beschuss zu geraten? Eine tragische Entwicklung!
Nicht ohne Grund sind viele Männer verunsichert: Sie fragen sich, was Frauen eigentlich genau von ihnen erwarten. Da sie darauf aber keine Antwort finden ziehen sie sich in ihren Beziehungen immer weiter zurück. Sie suchen sich eine Nische, in der sie sich der Kontrolle der Frau entziehen können. Sie isolieren sich, was bestehende Konflikte zusätzlich anheizt.
Was ist also passiert? Ich denke das Rollenverständnis des Mannes ist schon lange gespalten. Es begann damit, dass der Begriff Männlichkeit gesellschaftlich geächtet wird und kontroverse Assoziationen auslöst. Der Fehler liegt wie so oft im kindlichen Schwarz-Weiß-Denken:
Männlichkeit wurde mit der Unterjochung der Frau in einen Topf geworfen und gleichgesetzt. Natürlich mußte endlich für Augenhöhe zwischen den Geschlechtern gesorgt werden, aber inzwischen kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass das Pendel zu weit in die gegensätzliche Richtung ausschlägt.
Woran liegt das? Und gibt es auf die Frage, was Männlichkeit in Zukunft sein kann und wird eine Antwort?
Männer sehnen sich manchmal in die Zeiten des traditionellen Rollenverständnisses zurück. Auf der anderen Seite regt sich in ihnen aber auch ein anderer Aspekt. Einer, der sich nach mehr Ursprünglichkeit, Unangepaßtheit, Spontanität und Spiritualität sehnt. Dieser Zwiespalt macht unsicher und vielleicht macht er sogar ein bißchen Angst.
Dich als männlichen Leser möchte ich beim weiterlesen dazu ermutigen zu schauen, ob du dich vielleicht bis zu einem gewissen Grad irgendwo selbst wiederfinden kannst.
Männlichkeit leben / traditioneller Aspekt
Ich glaube die traditionelle Rolle des Mannes ist nicht angeboren. Sie ist eine Art „Anzug„, der dir als kleiner Junge übergestreift wurde, als du den Sozialisierungsprozeß in deiner Ursprungsfamilie durchlaufen hast. Dabei hat sich deine individuelle Mischung dessen, was DU unter Männlichkeit verstehst entwickelt:
Sie besteht aus deiner eigenen Intuition und den von deinen Eltern übernommenen Überzeugungen in Bezug auf männliche Werte und Attribute. Sie wurden dir direkt oder subtil vermittelt und vorgelebt. Der traditionelle Aspekt ist also Ausdruck dessen, was dir von deinen engsten Bezugspersonen zum Thema Männlichkeit und „Mann sein“ implementiert wurde.
Die Ansichten des traditionellen Aspekts im modernen Mann
Was könnten typische Gedanken des traditionellen Aspekts in dir sein? Vielleicht folgende:
„Frauen stehen auf harte Männer. Ich bin kein emotionaler sondern ein rational denkender Mensch. Verletzlichkeit ist weibliche Schwäche.“
„Ich möchte Erfolg haben und Status ist mir wichtig. Aber wenn ich das offen zeige, dann bekomme ich von meinem Umfeld ambivalente Reaktionen. Deshalb rede ich nicht über meine Ansichten.“
„Ich möchte für die materiellen Bedürfnisse meiner Familie sorgen. Das sehe ich als meine Aufgabe. Die Frau sollte mich in allem unterstützen, was ich tun will und muss. Sie sollte nicht mit mir in den Wettbewerb treten.“
„Frauen wollen heutzutage alles. Ich kann es ihnen niemals Recht machen. Früher war das einfacher, weil es noch klare Rollen gab.“
„Beziehungen sind eine Unmöglichkeit geworden. Man läuft über ein Minenfeld. Mir bleibt nur die Abschottung. Was ich offen zeige, das ist meine Wut. Das ist okay so, denn das ist eine männliche Emotion.“
„Eine Frau sollte liebevoll, wertschätzend und süss sein. Ich hasse an Frauen Bitterkeit und will mich gut fühlen. Eine einzige Frau kann das kaum für mich leisten.“
„Ich erziehe meine Kinder nicht, weil ich es in den Augen ihrer Mutter sowieso nicht richtig machen kann, denn ich bin ein Mann. Meine Wahrheit könnte ich ihnen sowieso nicht offen sagen. Also gebe ich die Erziehung an ihre Mutter ab, die das ja sowieso besser macht.“
Männlichkeit leben / ursprünglicher Aspekt
Der Teil in dir, der sich nicht in Schubladen stecken lassen will wehrt sich gegen Festlegungen und Begrenzungen. In ihm versucht sich deine angeborene männliche Essenz Raum zu schaffen und sich auszudrücken. ABER intuitives Fließen und Sein setzt einen guten Bezug und Zugang zu deinen Emotionen voraus. Das ist aber der Punkt, der den traditionellen Aspekt in dir in Panik versetzt:
Die Ansichten des ursprünglichen Aspekts im modernen Mann
Wie könnte es klingen, wenn du diesen Aspekt in dir sprechen lassen würdest? Vielleicht so:
„Ich möchte einer Frau auf mentaler, emotionaler und körperlicher Ebene begegnen. Ich bin für sie ein sicherer Raum. Wenn ich das nicht leisten kann, dann wird es ein ander tun.“
„Ein erwachsener Mann braucht keine Mutter mehr. Ich bin gern für eine Frau da und möchte ihr helfen zu wachsen.“
„Eine Frau, die für sich selbst sorgt ist keine Bedrohung für mich. Aber ich denke nicht, dass sie unbedingt arbeiten muss. Meine Identität ist nicht davon abhängig, was eine Frau tut oder lässt. Ich brauche die Unterstützung von Frauen nicht, auch wenn ich sie sehr mag. Die Unterstützung von einer Frau vorauszusetzen engt sie ein. Ich werde nicht versuchen einen Ozean zu zähmen.“
„Emotionalität stehe ich ambivalent gegenüber: Ein Teil von mir will fühlen und kann das auch. Aber ich fühle mich verantwortlich für Menschen, die mir nahe stehen. Deshalb lasse ich es nicht zu, emotional zu kollabieren, wenn das für einen geliebten Menschen Konsequenzen hätte.“
„Ich sehe es als meine Aufgabe, meinen älteren Kindern die Welt zu zeigen.“
„Die Frauenbewegung löst in mir Beschämung aus, denn die traditionelle Denkweise des Mannes ist ihre Ursache. Männer haben Frauen lange Zeit kontrolliert, statt sie in ihrer Ganzheit zu sehen, sie auf allen Ebenen wahrzunehmen und sie zu schützen.“
Männlichkeit leben / Gemeinsamkeiten
Beide Aspekte sehen sich als Führer. Sie wollen familiärer Versorger sein und Frauen unterstützen. Beide sprechen sich für die Erhaltung und Akzeptanz der Verschiedenheit der Geschlechter aus. Sie erkennen die Unterschiedlichkeit von Mann und Frau an ohne angeborene Fähigkeiten und Präferenzen, Stärken und Schwächen der Geschlechter zu werten.
Männlichkeit leben / Selbstreflexion
Wenn dein traditioneller (konditionierter) Aspekt sich reflektiert und heilt würde er seine Erkenntnisse vielleicht so formulieren:
„Der Satz Ich kann mir nicht vertrauen, weil ich ein Mann bin. ist zu meiner unbewussten Annahme geworden. Ich weiss, dass er aus Erfahrungen und Beobachtungen in der Kindheit entstanden ist. Er ist eine Schlussfolgerung, die ich aus dem Verhältnis, das meine Eltern zueinander hatten gezogen habe. Deshalb habe ich meinen ursprünglichen maskulinen Aspekt abgespalten und verdrängt.“
„Meine angeborene männliche Essenz wird durch die Ablehnung dieses Aspekts geschwächt und nicht – wie ich bisher angenommen habe – gestärkt. Ich erkenne, dass permanente Wachsamkeit keine männliche Stärke ist.“
„Solange ich glaube immer auf der Hut sein zu müssen lebe ich das Leben eines Löwen, der glaubt ein Schaf zu sein.“
Männlichkeit leben / ursprüngliche Essenz
Ich kann mir vertrauen, WEIL ich ein Mann bin.
Mit der Entwicklung dieses Glaubenssatzes befreist du dich als Mann aus dem oben genanntem Konflikt.
Nach der Integration beider Aspekte könnten das vielleicht deine Gedanken sein:
„Es liegt in der Natur des Mannes, zu führen und zu versorgen. Was eine Frau tut oder unterlässt hat keinen Einfluss darauf.“
„Ich spüre meine männliche Energie. Die daraus resultierende Kraft macht mich erfolgreich in dem, was ich tue.“
„Ohne meine Gefühle kann ich weder für mich selbst noch für andere da sein.“
„Erst wenn ich erkenne und berücksichtige, wie es meinen Nächsten geht bin ich ein Führer. Wenn es allen, die unter meiner Obhut stehen mental, emotional und physisch gut geht erlebe ich mich als freier Mann.“
Ein Satz, den ich irgendwo einmal gehört habe (leider weiß ich nicht mehr wo) fasst wunderbar zusammen, wie die Zukunft des Mann seins aussehen kann:
„Die ursprünglichste Form von Männlichkeit ist Stärke im Dienst der Liebe – eine Männlichkeit, die sich kraftvoll und frei anfühlt.“
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