Projektive Identifikation
Hast du vielleicht Aspekte deines Partners verinnerlicht, die er in sich selbst ablehnt und auf dich projiziert, ohne es zu wissen? Dieser Artikel soll dir helfen mehr Klarheit darüber zu gewinnen.
Inhaltsübersicht
Projektive Identifikation / Definition
Für ein genaues Verständnis zunächst die Definition der Begriffe Projektion und Identifikation:
Projektion ist ein psychologischer Abwehrmechanismus. Projektion beschreibt die Übertragung und Verlagerung psychischer Inhalte (Emotionen, Wünsche, Affekte, Eigenschaften), die ein Mensch in sich selbst ablehnt, auf ein Gegenüber. Projektion dient der Vermeidung unangenehmer Gefühle, wie z.B. Scham oder Schuld. Der Projizierende entzieht sich damit unbewußt der Notwendigkeit, sich mit unangenehmen Themen und Zuständen, wie z.B. kognitiver Dissonanz auf direktem Weg zu beschäftigen. Er verlagert sie nach außen:
> „Ich bin nicht kritisch. DU bist kritisch.“
> „Ich bin nicht untreu. DU bist untreu.“
> „Ich hab mich nicht verändert. DU hast dich verändert.“
Identifikation umschreibt die menschliche Fähigkeit sich mit etwas gleich zu setzen, es zu verinnerlichen und in sich aufzunehmen.
Projektive Identifikation wird von Melanie Klein als unbewußter Abwehrmechanismus innerer Spannungen und Gefühlszustände beschrieben, durch den Teile des Selbst abgespalten und so auf eine andere Person projiziert werden, dass diese Person dazu verleitet wird, die Projektion anzunehmen. Durch die Verinnerlichung der Projektion wird sie dann auch die entsprechenden Reaktionsmuster und Verhaltensweisen entwickeln.
Projektive Identifikation / Trauma
Unverarbeitete Traumata zeigen sich unter anderem in der Tendenz unangenehme Gefühlszustände, wie Reue, Schuld und Scham zu vermeiden.
Betroffene neigen dazu, nicht akzeptable Eigenschaften und Gefühle bei anderen Menschen wahrzunehmen und sie in ihnen abzulehnen, aber nicht in sich selbst.
Das Fatale ist, dass die Verweigerung der Betrachtung innerer Themen jeden Lernprozess unterbindet. Persönliches Wachstum bleibt also auf der Strecke.
Bindungstraumatisierte Menschen mit vermeidenden, narzisstischen Denk- , Gefühls- und Verhaltensmustern neigen besonders stark zur Abwehr durch Projektion:
„Du bist das Problem!“
Menschen mit dieser psychischen Struktur suchen sich instinktiv Partner, die sie leicht in einen Träger ihrer abgespaltenen Gefühle und Eigenschaften konvertieren können.
Co-abhängige Menschen mit ängstlich überinvolvierten Bindungsmustern eignen sich besonders gut dazu.
Sie identifizieren sich bereitwillig mit den Projektionen ihres Gegenübers, da sie ihrer unterbewußten Grundüberzeugung nicht zu genügen entsprechen.
Sie bewegen sich in ihrer Komfortzone, wenn sie sich mehr anstrengen müssen und ihre Anfälligkeit für projektive Identifikation resultiert aus einer reflexartigen Schuldbekenntnis:
„Ich bin das Problem.“
Projektive Identifikation / Folgen
Durch projektive Identifikation wird der co-abhängige Partner mehr und mehr zur Verlängerung seines narzisstischen Gegenübers.
Er läßt sich durch die Annahme der Projektionen seiner verdrängten Gefühle und Eigenschaften formen, sodaß sich sein Fühlen und Verhalten entsprechend verändern wird.
Er wird zum Ausdruck dessen, was sein Partner in sich selbst nicht sehen will.
In Folge lehnt der narzisstische Partner sein co-abhängiges Gegenüber, das zum ständigen Erinnerer an seine verleugneten Gefühle und Eigenschaften wird, immer vehementer ab.
Projektive Identifikation / Paradoxon
Aus dem Wirken von Projektion und projektiver Identifikation erwächst ein Paradoxon:
Das Verhalten des Co-abhängigen bestätigt die negativen Annahmen und Erwartungen, die sein narzisstisches Gegenüber in Bezug auf ihn hat.
Und gleichzeitig triggert es ihn massiv, weil er unablässig an seine Schatten erinnert wird, die er über die Projektion und projektive Identifikation seines Partners auf Abstand zu halten versucht.
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