Unsicherheit in Beziehung
Sicherheit im Beziehungskontext wirkt sich positiv auf unser Wohlbefinden aus, denn sichere Beziehungen haben etwas Nährendes.
Doch Sicherheit ergibt sich nicht einfach zufällig. Sicherheit verträgt sich nämlich nicht mit Abhängigkeit. Erst wenn wir Vertrauen herstellen und pflegen können ohne voneinander abhängig zu sein wird eine sichere Beziehung möglich.
Vielen Menschen gelingt es deshalb nicht in ihren Beziehungen ein Gefühl von Sicherheit herzustellen und aufrecht zu erhalten, obwohl sie sich danach sehnen.
Wenn wir einen Menschen an unserer Seite haben, der uns unterstützt, der uns beisteht und auf den wir uns verlassen können, entspannt uns das nicht nur auf der physischen Ebene. Unsere Fähigkeit, auf eine selbst bestimmte Art und Weise auf’s Leben zuzugehen wächst.
Wenn wir auf einen anderen Menschen bauen können sind wir eher dazu bereit Risiken einzugehen, um unsere Ziele zu verfolgen. Es macht uns sogar kreativer. Aber Sicherheit in Beziehungen „passiert“ nicht einfach. Wir müssen sie tatsächlich herstellen und pflegen, wenn wir eine tragfähige Beziehung haben wollen.
Inhaltsübersicht
Unsicherheit in Beziehung / Schatten
Wenn du unsicher in deinem Bindungsverhalten bist, dann werden nicht selten Aspekte deiner Persönlichkeit, die dich vor deinem Gegenüber schützen wollen, das Ruder an sich reißen. Sie haben das Potenzial deine Beziehungen zu zerstören, statt sie zu verbessern.
Und sie können dich in Stresszustände hinein manövrieren, die dir mental, emotional und körperlich schaden.
Deine Selbstsicherheit, dein Gefühl für den eigenen Wert und dein Gefühl liebenswert zu sein leiden darunter.
Wenn du zu ungesunden, destruktiven Bewältigungsstrategien neigst, um Ängste und schmerzhafte Gefühle zu umgehen, verlierst du Energie und die Motivation Konflikte im beiderseitigen Interesse zu lösen.
Solltest du dann nicht alles daran setzen, deine Beziehungen sicherer zu machen? Solltest du sie nicht unbedingt pflegen und schützen?
Warum gelingt es dir vielleicht dennoch nicht?
Vielleicht weil es ein oft nicht erkanntes unterbewusstes Muster gibt – das Muster in Beziehungen absichtlich Unsicherheit zu erzeugen.
Unsicherheit in Beziehung / Beispiele
Um das Ganze etwas verständlicher zu machen hier zwei Beispiele:
Bsp.1:
Sarah hat 2 recht gute Freundinnen, aber sie unterminiert diese Beziehungen immer wieder mit der unangenehmen Angewohnheit Drama zu erzeugen und scheinbar aus dem Nichts heraus Unfrieden zu stiften. Sie beklagt sich dann darüber, dass sie sich nicht gesehen fühlt und behauptet lieber mit anderen Leuten Zeit verbringen zu wollen.
Die Folge: Alle Beteiligten sind emotional aufgewühlt und gestresst. Die Wahrheit hinter Sarah’s Worten ist aber eine ganz andere.
Insgeheim will sie gar keinen Kontakt zu anderen pflegen.
Immer wenn sie sich mit sich selbst nicht so recht wohl fühlt und wenn sie den Eindruck bekommt, dass jemand, der ihr wichtig ist, sie für selbstverständlich nimmt, dann stößt sie ihn weg. Sie will damit bewirken, dass er ihre Anwesenheit wertschätzt.
Sie testet also aus, ob sie ihrem Gegenüber wichtig ist oder nicht. Wenn der andere traurig ist oder Angst bekommt, weil er glaubt sie zu verlieren, dann fühlt sie sich sofort besser. Ihr Selbstwertgefühl erholt sich. UND sie profitiert doppelt:
Ihre Angst davor für selbstverständlich genommen zu werden wird gelindert, wenn sie die Sicherheit ihrer Beziehungen untergräbt UND ihr Bedürfnis sich selbst wertvoll zu fühlen wird ebenso kurzfristig befriedigt.
Natürlich fühlt sie sich langfristig eher schlecht damit, denn sie zahlt einen hohen Preis:
Sie investiert ihre Energie in den Aufbau von Beziehungen, um sie dann wieder zu zerstören.
Aber das Bedürfnis sich selbst wertvoll zu fühlen kann Sarah sich aufgrund ihrer Bindungstraumata nur erfüllen, wenn es ihr von anderen Menschen gespiegelt wird.
Sie opfert die Sicherheit ihrer Beziehungen, weil sie das Gefühl von anderen gewertschätzt zu werden nur haben kann, wenn sie diese manipulative Strategie verfolgt.
Bindungstraumata machen uns egozentrisch: Sarah ist ihr Bedürfnis für sich selbst Wertschätzung zu empfinden wichtiger, als die Tatsache, dass ihre Freundinnen unter ihrem Verhalten leiden.
Bsp.2:
Mark trifft sich seit 3Monaten mit einer Frau. Er bemüht sich liebevoll um sie und so sind sich die beiden über die letzten Wochen immer näher gekommen.
Er gibt ihr das Gefühl, dass sie sich auf ihn verlassen kann. In letzter Zeit hat sie deshalb auch öfter mal bei ihm übernachtet.
Eines Tages läßt sie ein paar Kosmetikartikel im Badezimmer liegen. Mark gerät darüber in Panik. Wut entbrannt wirft er ihre Sachen in den Müll.
Als sie abends zu ihm kommt und ihre Kosmetiktasche nach langem suchen im Müll findet bricht in ihr jedes Gefühl von Sicherheit weg. Sie konfrontiert ihn damit. Zunächst streitet er ab, was er getan hat. Irgendwann gibt er aber dann doch zu, was ihn so aufgeregt hat:
„Du hast einfach beschlossen deine Sachen in mein Haus zu räumen.“
Was war passiert? Warum diese überpropertional heftige Reaktion auf eine Kleinigkeit?
Mark hat in der Kindheit Verstrickungstraumata erlebt.
Er sehnt sich nach Nähe, aber erträgt sie nicht. Wenn er einer Frau in einer Beziehung nahe kommt, dann werden zwangsläufig irgendwann auch erste Konflikte entstehen. Die erträgt er aber nicht. Er fühlt sich durch echten oder angenommenen Widerspruch vereinnahmt, in die Ecke gedrängt und kontrolliert.
Er glaubt dann, dass er nun dafür verantwortlich sein soll, dass es dieser Frau gut geht. Also zerstört er jedes Gefühl von Zusammengehörigkeit wieder, um Distanz und Unabhängigkeit zu unterstreichen. Nur so gelingt es ihm sich abzugrenzen und wieder ein Identitätsgefühl zu entwickeln.
Mark hat nicht gelernt, wie er gesunde Grenzen setzen kann. Er hat absolut keine Vorstellung darüber, wie er es bewerkstelligen soll, in einer Beziehung trotz Intimität eine gewisse Autonomie aufrecht zu erhalten.
Sein Bedürfnis nach Abgrenzung ist ihm wichtiger, als sein Bedürfnis nach Beziehungssicherheit.
Er ist bereit die Sicherheit seiner Beziehung zu opfern, um der Angst sich selbst zu verlieren zu entgehen.
Unsicherheit in Beziehung / Gründe
Die Gründe für Unsicherheit in Beziehungen sind vielfältig, aber sie haben alle etwas gemein:
Entweder glaubst du, dass ein Bedürfnis, das du hast nur dann befriedigt werden kann, wenn die Beziehung unsicher ist oder dass du eine Angst nur dann vermeiden kannst, wenn du für Unsicherheit in deiner Beziehung sorgst.
Gründe für deinen Drang Unsicherheit in Beziehungen zu kreieren könnten z.B. sein:
1) Du willst dein Selbstwertgefühl verbessern.
2) Du willst jemanden dazu bringen, um dich zu kämpfen, um dich gewollt zu fühlen.
3) Du willst jemanden wegstoßen, um ein Gefühl von Autonomie zurück zu erlangen.
4) Du versuchst damit die Oberhand in einem Machtkampf zu behalten.
5) Du willst jemanden dazu bewegen dir bestimmte Bedürfnisse zu befriedigen.
6) Du willst das Gefühl vermeiden, für selbstverständlich gehalten zu werden.
7) Du willst jemanden bestrafen und ihm Schmerz zufügen.
8) Du willst die Beziehung zuerst zerstören, weil du glaubst, dass sie sowieso endet.
9) Du willst ein Geheimnis verbergen.
10) Du willst vermeiden, dass dir jemand zu nahe kommt und sieht, wer du wirklich bist.
11) Du willst deine Eifersucht dämpfen. ( … etc.)
Unsicherheit in Beziehung / Lösungen
Wenn du Unsicherheit in deinen Beziehungen erzeugst, dann ist es wichtig den Aspekt in dir zu finden, der einen Vorteil daraus zieht. Lerne ihn gut kennen. Arbeite dann mit ihm.
Schaue dir die Konsequenzen an, die daraus erwachsen, dass du seine Bedürfnisse priorisierst und über die Sicherheit deiner Beziehungen stellst. Egal in welcher Beziehung du dich gerade befindest, frage dich:
Was sind die konkreten Konsequenzen, die eintreten werden, wenn ich meine Beziehung auf diese Art boykottiere? Ist es mir das wert?
Wenn du durch dein Verhalten Unsicherheit erzeugst, um dich vor etwas zu schützen, was dir Angst macht, dann befriedigst du dir ein Bedürfnis auf indirekte Weise.
Es gibt immer auch einen Weg, dir dieses Bedürfnis auf gesund und direkte Art zu befriedigen.
Kannst du erkennen, auf welche Weise du absichtlich Unsicherheit in deiner Beziehung erzeugst? Und kannst du sehen, warum du es tust?
Mehr dazu findest du in diesem Artikel: Angst vor Hingabe
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