Widerstand gegen Veränderung
Warum wollen sich Menschen nicht ändern, obwohl es vielleicht offensichtlich ist, dass sie sich und anderen mit ihren Verhaltensmustern Schaden zufügen?
Auf den ersten Blick ist das schwer zu verstehen, zumal Wachstum ein menschliches Grundbedürfnis ist. Die Natur macht es uns vor: Alles, was aufhört zu wachsen vergeht.
Wo kommen unsere Schwierigkeiten in Bezug auf Veränderungsprozesse her?
Zum einen weil die Psyche eines Menschen mit unsicheren Bindungsmustern fragmentiert ist, sodass Expansion und Weiterentwicklung durch Persönlichkeits-Aspekte blockiert werden, die eine Gefahr in der bewusst angestrebten Veränderung wittern. Und zum anderen, weil wir ungern unsere Komfortzone verlassen, weil wir in ihr die Regeln kennen.
Widerstand gegen Veränderung – innere Uneinigkeit
Widerstand gegen Veränderung ist ganz oft die Folge einer inneren Uneinigkeit.
Das heisst, es gibt Energien in uns, die „Ja.“ zu einer Veränderung sagen und andere, die sie ablehnen und laut „Nein!!“ schreien. Oft erkennen wir das nicht. Wir sind uns des inneren Widerstands nicht bewusst.
Du könntest z.B. bewusst folgender Überzeugung sein:
„Ich möchte einen Partner, der sich zu mir bekennt.“ Wenn du aber gleichzeitig die stillschweigende Überzeugung „Ein Partner raubt mir meine Autonomie.“ in dir trägst, dann wirst du dein Vorhaben, einen verlässlichen Partner zu finden unbewusst sabotieren. Du wirst trotz deiner Bemühungen in alte Muster fallen, wenn du deinen inneren Widerstand nicht erforschst, verstehst und löst.
Stelle dir einfach mal zwei Ruderer vor, die in entgegengesetzte Richtungen paddeln. Das Boot wird so keinen Meter vorwärts kommen oder sich nur minimal bewegen. das versinnbildlicht ganz gut die frustrierende, kraftraubende Situation, in der sich viele Menschen befinden. Generell gilt: Wenn es einen inneren Widerstand gegen eine bewusst angestrebte Veränderung gibt, dann musst du dich zuallererst um ihn kümmern und ihn auflösen.
Widerstand gegen Veränderung – Gründe
Dein Widerstand hat immer einen triftigen Grund. Hier ein paar mögliche konkrete Gründe des Widerstands gegen Veränderung:
Dein Gefühl von Sicherheit ist mit dem Ist-Zustand verknüpft. Das heisst, die angestrebte Veränderung würde zur Destabilisierung und zu einem Gefühl von Kontrollverlust führen. Wenn z.B. ein Mensch, der bisher sehr unabhängig gelebt hat durch bestimmte Umstände in eine Abhängigkeit gerät, dann könnte das sich für ihn unsicher anfühlen, sodass er einen inneren Widerstand dagegen entwickelt. Umgekehrt gilt: Wenn das Gefühl von Sicherheit mit Zugehörigkeit zu einem anderen Menschen verknüpft ist könnte der Druck autonom handeln zu müssen inneren Widerstand erzeugen.
Das erklärt unser Bedürfnis nach Routinen. Sie fühlen sich bekannt und sicher an. Etwas anders zu tun zerstört sie und erzeugt Unsicherheit. Das ein wichtiger Grund der menschlichen Tendenz der Vermeidung von Veränderung.
Die Veränderung führt zur Schwächung deines Selbstvertrauens. Im gewohnten Verhaltensrahmen vertrauen wir auf unsere diesbezüglich erworbenen Fähigkeiten. Wir können so auf sie bauen, was uns ein Gefühl von Kontrolle ermöglicht. Die Aufgabe dessen erzeugt also anfänglich Unsicherheit und Gefühle der Inkompetenz. Bewährtes wird überflüssig. Wir könnten sogar den Eindruck haben mühsam erarbeitetes wegzuwerfen. In der Tiefe entsteht oft das Gefühl, dass uns andere dann überlegen sind. Das Gefühl weniger zu sein verschlechtert zunächst unseren Selbstwert weiter.
Du verstehst nicht, dass du die Veränderung tatsächlich brauchst. Das ist ganz besonders dann der Fall, wenn sie uns von anderen nahegelegt oder durch andere forciert wird. Wir zweifeln daran, dass sie in unserem besten Interesse ist. Solange uns nicht klar ist, warum sich etwas verändern soll bzw. warum es nötig ist werden wir dagegen ankämpfen. Aufgrund dieses Widerstandes passieren die drastischsten Veränderungen in der Regel nur in der Krise!
Krisen werden somit oft notwendig und zwingen uns dann zu weiterem Wachstum. Doch selbst in der Krise besteht die Tendenz zurück in die alte Normalität zu flüchten, um ein Gefühl der Kontrolle zurück zu gewinnen. Manchmal braucht es Zeit, bis wir endlich akzeptieren, dass es nicht mehr zurück zum alten Normal gehen kann.
Du hast Angst vor dem, was du ins Unbekannte projizierst. Sorgen, Bedenken und die Grübelei über all das, was passieren könnte entmutigen uns, der Veränderung ins Auge zu sehen. Wenn wir stillschweigend glauben, daß unser Wert an Leistung geknüpft ist, dann ist unser Selbstvertrauen abhängig von dem, was wir wissen, können und kennen. Daraus resultiert der Spruch: „Better known pain than unknown pleasure.“
Menschen tendieren also dazu in Situationen, die schmerzhaft sind zu verharren, weil sie Vertrauen in ihre Fähigkeit haben mit dem Schmerz, den sie schon kennen klarzukommen. Sie ändern sich erst dann, wenn der Schmerz, den sie erleben so gross ist, dass es keine Rolle mehr spielt, ob sie nun vom Kliff ins Unbekannte springen oder nicht. Wir „wählen“ das, was wir glauben besser bewältigen zu können. Und wenn wir unsicher sind neigen wir dazu in Situationen zurückzukehren, die bekannt sind – selbst dann, wenn das Alte mehr Gefahren mit sich bringt als das Neue.
Du investierst emotional in etwas, das du durch die Veränderung verlieren könntest. Für viele Formen von Suchtverhalten trifft das zu: Wenn mich das abendliche Glas Wein in einen wohligen Zustand der Entspannung versetzt, den ich glaube auf andere Art nicht erreichen zu können braucht es keine körperliche Abhängigkeit, um mich davon abzuhalten, diese Gewohnheit aufzugeben.
Du hast nicht gelernt, die Bedürfnisse anderer genauso wichtig zu nehmen, wie deine eigenen. Ganz besonders wenn Veränderung durch andere ins Rollen kommt fehlt dir vielleicht jegliches Vertrauen. Der Widerstand gegen Veränderungen, die durch andere initiiert werden hat etwas mit Prägungserfahrungen zu tun: Die Eltern haben (bewusst oder unbewusst) die Bedürfnisse des Kindes weniger wichtig genommen als die eigenen. Die dadurch entstandene Fragmentation der kindlichen Psyche führt dazu, dass diese Menschen dazu neigen, die Interessen anderer wenig zu beachten. Die inneren im Widerstreit stehenden Aspekte erzeugen eine Atmosphäre des Misstrauens. Wenn im Leben dieser Menschen eine Veränderung ansteht, dann schreit ein Teil von ihnen JA und ein anderer NEIN.
Du erkennst den Nutzen der Veränderung nicht. Wenn wir das Gefühl haben, dass die Veränderung erzwungen wird und sich das Gefühl des Kontrollverlusts breit macht, dann können wir die Vorteile der Veränderung überhaupt nicht mehr wahrnehmen. Es entsteht der Eindruck, dass sich die Veränderung gegen unsere Interessen richtet. !! Wenn wir über eine Veränderung nachdenken und der zu erwartende Nutzen die Anstrengung nicht rechtfertigt oder wenn das Unbehagen überwiegt, dann werden wir sie nicht zulassen !!
Auch sehr unreflektierte Menschen spüren das Gesetz von Ursache und Wirkung. Sie ahnen, dass Veränderung eine Art Domino-Effekt auslöst und Auswirkungen auf verschiedene Lebensbereiche haben wird, die schwer zu überschauen sind. Sie haben Probleme damit, dass durch die Veränderung Dominosteine fallen könnten, die nicht fallen sollen. Z.B. könnte eine Frau sich trotz widrigster Umstände weigern, sich von ihrem narzisstischen Partner zu trennen, weil sie befürchtet durch den Domino-Effekt, den die Trennung auslösen könnte unter Umständen die enge emotionale Verbindung zu ihrem 4-jährigen Kind zu gefährden, weil sie im Fall der Trennung wieder voll arbeiten und das Kind in eine Kita bringen müsste.
Widerstand gegen Veränderung – Vermeidung von Schmerz
Widerstand gegen Veränderung ist in erster Linie ein Versuch deines Unterbewusstseins dich vor Schmerz zu bewahren.
Eine Frau könnte sich z.B. vornehmen ein paar Kilo abzunehmen. Wenn es aber einen Aspekt in ihr gibt, der unsichtbar bleiben will und glaubt, dann der Welt ausgeliefert zu sein, wird er das Vorhaben boykottieren. Er sieht sich durch die angestrebte Veränderung in seiner Sicherheit bedroht und fühlt sich von den Aspekten, die abnehmen wollen schutzlos auf ein inneres Schlachtfeld geführt.
Wenn wir davon überzeugt sind, dass eine Veränderung sowohl nützlich als auch gewollt ist und wenn wir sicher sind, dass sie uns nicht dazu zwingt etwas aufzugeben, was wir nicht aufgeben wollen, dann steht ihr auch nichts mehr im Weg.
Dann nehmen wir auch das Unbehagen, das mit der Veränderung einher geht in Kauf. Der Widerstand gegen Veränderung ist dann zumindest so minimal, dass sie in uns kein deutliches Nein mehr erzeugen kann.
Zwischen der Aussage „Ich habe Angst, sodass sich alles in mir gegen die Veränderung sträubt.“ und der Aussage „Ich will die Veränderung, aber ich hab ein bisschen Angst davor.“ liegen energetisch betrachtet Welten. Halten wir also fest:
Wenn Veränderung ausbleibt, dann gibt es gute Gründe dafür. Es ist wichtig mit den Widerständen zu arbeiten statt gegen sie anzukämpfen.
Lasse alle Erwartungen zunächst einmal los. Wenn du dich darauf fixierst, dass die Veränderung unbedingt geschehen muss verstärkt sich der Widerstand. Er kann sich nur dann auflösen, wenn du ihm mit Verständnis und Mitgefühl begegnest.
Es ist gut, wenn wir die Gründe, warum Menschen – einschliesslich uns selbst – einen Widerstand gegen Veränderung entwickeln kennen. Schließlich sind wir hier auf diesem Planeten, um zu wachsen. Und wenn wir es nicht schaffen anstehende Veränderungen anzugehen, dann wird das Leben dafür sorgen, dass der Schmerzpegel steigt. Irgendwann wird er ein Maß erreichen, dass der Sprung ins Ungewisse für uns unumgänglich ist.
Es lohnt sich deine Widerstände gegen Veränderung ernst zu nehmen, sie zu erkennen, zu verstehen und zu lösen. Damit bleibt dir unter Umständen ein langer Leidensweg erspart.
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